< zurück


Leseprobe aus
Bernard de Mandeville, Die Bienenfabel.
Verlag Gustav Kiepenheuer und Verlag C.H.Beck, Leipzig und München 1988


Der murrende Bienenstock oder
Wie Schurken redlich wurden

Ein großer Stock, an Bienen reich,
Die üppig lebten, doch zugleich
Gesetzestreu und wehrhaft waren,
Auch schwärmten früh in allen Jahren,
Galt als der Hort unzweifelhaft
Von Industrie und Wissenschaft.
Mehr Freiheit gab’s in keinem Staat
Und weniger Zwänge und Diktat;
Nicht Sklaven einer Tyrannei
Noch wilder Demokraterei
Warn sie; von Königen wohl gelenkt,
Da das Gesetz die Macht beschränkt‘.
Wie Menschen lebt‘ dies Völkchen nun
Und tat im kleinen, was wir tun:
Was je in Städten nötig war,
Was Schwert geziemt und auch Talar.
Nur warn sie winzig; ihr Geschick
Blieb drum verborgen unserm Blick;
Doch hatten sie Äquivalente
Für alle Menscheninstrumente:
Maschinen, Schiffe, Schlösser, Gärten,
Geschäfte, Waffen und Experten.
Und da wir ihr Idiom nicht kennen,
Wolln wir die nach den unsern nennen.
So warn zwar Würfel nicht bekannt,
Doch herrschten Könige im Land,
Die Wachmannschaften unterhielten,
Und daraus folgt, daß diese spielten;
Man wüßte denn ein Regiment
Soldaten, das das Spiel nicht kennt [...]

Bernard de Mandeville (1670-1733)

© Christa Schuenke

Aus: Bernard de Mandeville, Der Bienenstock in: Die Bienenfabel, Verlag Gustav Kiepenheuer und Verlag C.H.Beck, Leipzig und München 1988

 


 

< zurück

Seitenanfang