< zurück

John Banville, Geister, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2000


Als die zuständigen Stellen ihn bei seiner Entlassung fragten, erkundigten, wohin er denn jetzt gehen wolle, antwortete er ohne lange zu überlegen: "Auf eine Insel natürlich, wohin denn sonst?" Wegen Mordes saß er im Gefängnis und wurde nach zehn Jahren begnadigt. Der Kunstexperte und Ich-Erzähler dachte, dass er nach den Entbehrungen als Gefangener Frauen, seidene Anzüge und belebte Großstadtstraßen brauchen würde.
Stattdessen lebt er nun in einem halbverfallenen Haus auf einer kleinen Insel in der irischen See, zusammen mit Professor Kreutznaer und seinem Faktotum Lux. Er arbeitet als Ghostwriter für den einst renommierten Kunsthistoriker, der an einem großen Werk über einen niederländischen Maler schreibt. Wird der Ich-Erzähler seinen inneren Frieden finden? Seine Gedanken führen ihn immer wieder weit in die Vergangenheit. Realitäten verschwimmen. "Was hatte ich getan, dass ich an diesen entlegenen Ort gekommen war? Und doch, wie leicht ich mich fühlte, wie flüchtig, als schwebte ich auf Flügeln durch die Luft! Ich ging weiter, und bald entdeckte ich das Haus, das dort in seiner Einsamkeit unterhalb des eichenbewachsenen Kammes kauerte. Der Weißdorn blühte. Hier ist die kleine Brücke. Wind, Glanz, Wolken, die unberechtigten und dennoch nicht zu unterdrückenden Erwartungen des Herzens. Ich bin angekommen."
Doch die trügerische Ruhe der drei Männer wird jäh durcheinandergebracht, als vor der Insel ein Boot strandet. Die vorübergehend ratlose Gruppe von Ausflüglern quartiert sich für einen Tag in dem alten Haus ein. Menschen im seelischen Ausnahmezustand begegnen sich, driften wieder auseinander. "Was geschieht, ist nicht wichtig; der Augenblick ist alles. Das ist die goldene Welt. Der Maler hat seine kleine Gruppe auf dieser sturmgezausten Lichtung versammelt, hat sie in dieses zarte, künstliche Licht getaucht und sie als Engel und als Clowns gemalt. Es ist eine Welt, in der nichts verloren ist, wo alles einen Grund hat und die Dinge dennoch ihr Geheimnis behalten, eine Welt, in der sie, wie kurz, wie dürftig auch immer, leben können im schwindenden Licht am Abend des Ich, einsam und zugleich gemeinsam, hier, an diesem Ort, sterbend womöglich, und doch für immer festgehalten in einem leuchtenden, endlosen Augenblick."
Banvilles Sprache ist stark, poetisch, eindrucksvoll, von großer erzählerischer Kraft. Stilsicher bewältigt er die Gratwanderung zwischen Realität und Traumsequenzen, den Untiefen des Unterbewusstseins. Christa Schuenke übertrug den Roman angemessen ins Deutsche. Banville, geboren 1945 in Irland, gehört zu den bedeutendsten zeitgenössischen irischen Autoren. "Geister" bildet mit dem "Buch der Beweise" und "Athena" die sogenannte "Mördertrilogie".
- Gaby Helbig -

 

Banville ist ein präziser Beobachter menschlicher Bewussseinszustände. Er übersetzt sie in eine ungeheuer nuancenreiche, farbige Begrifflichkeit, verwebt sie mit zwingenden Sprachbildern. Auch seine Naturbeobachtungen lässt er auf diese Weise so plastisch werden, dass sie neue Dimensionen des Sehens erschliessen.
- Lübecker Nachrichten -

 

Banville schreibt unirisch elegant, fast provozierend ästhetisch. Die landesübliche katholisch-patriotische Folklore mit ihren bigotten Priestern, Bombenlegern und unverwüstlich fröhlichen Säufern und Sängern sucht man bei ihm vergeblich. Die funkelnde, polierte Sprache, der Hang zu düsteren philosophisch-moralischen Reflexionen und kunstgeschichtlichen Betrachtungen, die barocken Vanitasmotive, Mythen und Allegorien haben Banville den Ruf eines «artist’s artist» eingetragen, und tatsächlich erschließt sich die ganze Rafinesse des «Banville Baroque» nur dem einschlägig gebildeten Leser. Banville ist ein Nachfahre der deutschen Romantik und der französischen Décadence. Seine morbiden Herrenhäuser und unheimlichen Eremitagen sind bevölkert von einsamen faustischen Helden und grotesken Teufeln, ätherischen Geschöpfen und Femmes fatales. Es gibt keinen freien Willen, nur verworrene Schicksalstragödien, deren Wurzeln weit in die antike Mythologie und die Ikonografie des Manierismus zurückreichen: Alles ist kunstgeschichtliches Zitat, postmoderne Geisterbeschwörung. Dass Banville seine Pastiches immer wieder mit subversiver Ironie unterläuft, macht ihre somnambule Magie freilich nicht weniger beunruhigend.
- Zürcher Tages-Anzeiger -

 

Noch intensiver als in seinem doppelbödigen Spionageroman Der Unberührbare zieht der 55-jährige Ire John Banville alle Register. Das seine reichen Sprachbilder und raunenden Untertöne überhaupt im Deutschen ankommen, ist der Übersetzerin Christa Schuenke zu danken.
- Sächsische Zeitung, Dresden -

 

Banville schreibt, wie die alten deutschen und flämischen Maler malten. Seine Sprache ist bestechend scharf und doch dazu in der Lage, mit feinsten Pinselstrichen beinah lyrische Qualitäten annehmen zu können.
-
Berner Zeitung -

 

Banville ist ein hinreißender, wundervoll unangestrengter, sprachmächtiger Erzähler; jede Seite, oft jeder Satz verrät die bare Lust am Schreiben. Das weben in der Luft eines irischen Sommermorgens, das Abendleuchten des Meeres, der Tabakdunst in der Trübheit der Schwulenkneipe am Hafen – überall schafft sich ein Autor hier seine eigene, lebendige Bildergalerie aus Sprache.
- Frankfurter Allgemeine Zeitung -

 

Banvilles Sprache ist stark, poetisch, eindrucksvoll, von großer erzählerischer Kraft. Stilsicher bewältigt er die Gratwanderung zwischen Realität und Traumsequenzen, den Untiefen des Unterbewußtseins. Christa Schuenke übertrug den Roman angemessen ins Deutsche.
- http://www.hamburg.gay-web.de/kultur/buchtipp -