Mark
Z. Danielewski Mit Christa Schuenke hat der Verlag eine Übersetzerin gewählt,
deren literarischer Erfahrungshorizont und sprachliches Spektrum diesem
vielstimmigen Werk gewachsen waren. Unterstützt von Olaf Schenk,
hat sie die vielfältigen Bezüge des Werks ausgelotet, und
so bereitet es besonderes Vergnügen, die eigene Lektüre
des Originals anhand der Übersetzung nochmals zu überprüfen
und dabei auch das eine und andere übersehene Wortspiel zu entdecken.
Einen im Original nicht vorhandenen Einschuss in einer etymologischen
Abhandlung über das Wort "Rätsel" wiederum darf
man wohl als Visitenkarte der Übersetzerin wahrnehmen, die es
sich erlaubte, als Preis für ihre Mühen auch einmal selbst
einen red herring auszulegen. Mark Z. Danielewski wäre garantiert
der Erste, der an einem solchen Manöver Gefallen fände.
Das Haus wird wegen seiner Dimensionen und seiner formalen Eigenarten
zwar viele Käufer finden (es wird auch hierzulande "in"
sein), aber trotz seiner aufregenden Lesbarkeit und trotz seines tieferen
Sinns wird es auch die bemerkenswerte Reihe der Bücher verlängern,
die nie ganz gelesen werden. Es steht in der Reihe der großen
Irrfahrten-Bücher. Der literarische Topos des Labyrinths hat
seine postmoderne, hochtechnologische Ausprägung gefunden. Auf
dem Kaffeetisch ist kein Platz für den Folianten, im Bücherschrank
auch nicht - er gehört in die Große Halle des Geistes und
der Literatur, in der Lesepulte für solche Romane aufgestellt
sind. Doch Das Haus ist nicht nur ein literarisches Experiment und ein
haltloses Spiel mit Erzähltechniken und Typographie. Danielewski
läßt seine Figuren und ihre menschlichen Reaktionen nie
aus den Augen, gibt ihnen Raum für Witz und Melancholie. Trotz
des Wechsels zwischen Gossensprache und wissenschaftlicher Abhandlung,
sind die Texte des Buches immer lesbar und oft sogar poetisch. Der
kulturwissenschaftlichen Bildungs-Overkill, der durch die Fußnoten
tobt, wird mit dem abgeklärt pragmatischen Jargon des Herausgebers
Truant konfrontiert, so dass man - wenn man will - das Ganze auch
als Satire auf einen Expertenbetrieb lesen kann, in dem jeder meint,
alles kommentieren und analysieren und jedem Komma eine Bedeutung
zumessen zu müssen, um die jeweilige intellektuelle Nische zu
rechtfertigen. Doch richtet sich diese Satire nie gegen die Bildung
selbst und die Faszination der verschiedenen wissenschaftlichen und
literarischen Quellen. House of Leaves ist also vor allem ein Buch,
das man auf verschiedene Arten lesen und verstehen kann, und das -
wie alle großen Werke der Literatur - jedem Leser die Möglichkeit
gibt, die eigene Wahrheit zu suchen und zu finden. Der Text bockt, rätselt und foppt, Anagramme und andere Verschlüsselungen
unterminieren immer wieder unser Verständnis des Gelesenen. Die
Übersetzerin Christa Schuenke hat die durch Wortspiele und Lautmalereien
eng an die Originalsprache gebundene Prosa trotzdem mit Sorgfalt und
Entschlossenheit in ein deutsches Lesevergnügen verwandelt. Das eigentliche Kunststück aber ist, dass sich dieses Monstrum
an gestalterischer und konzeptueller Extravaganz trotz oder sogar
wegen aller Taschenspielertricks mit Genuss lesen lässt. "Das
Haus" funktioniert meisterhaft, und zwar auf allen seinen Ebenen.
Die Geschichte um das mysteriöse Haus mit seinem labyrinthisch
unendlichen Innenleben ist eben nicht nur ein intellektuell-verspielter,
sondern auch ein beklemmender Thriller, spannender als so manches,
was vom King'schen Furchtfließband kommt. (
) das extravaganteste Buch der Saison (
) Ein Horror-Roman
also - auf den ersten Blick. Von Edgar Allen Poes Geschichten vom
"Untergang des Hauses Usher" bis zu Stephen Kings "Shining"
ist das lebende Haus eine beliebte Metapher für die dunklen Kammern
in unserem Innern (
) Auf den zweiten Blick jedoch entdeckt man
unter der Oberfläche des Schreckens einen Roman über die
Liebe (
) Danielewskis furioses Verwirrspiel, von Christa Schuenke
virtuos übersetzt, ist der erzählerische Höhepunkt
der gerade in Mode kommenden Semi-Fiction (
) So vermitteln Form und Inhalt gleichermaßen die sprachliche
Schönheit, das Staunenswerte und das zutiefst Abgründige
eines Romans, der in der neueren Literatur ohne Beispiel und für
den kein Superlativ zu hoch gegriffen ist. Süßer noch als ein solcher Gleichklang mit den Figuren
ist die Identifikation mit dem, der sie erdacht hat. Denn einfach
alles was einem wichtig erscheint, in einen 800-Seiten-Wälzer
zu packen, die Welt und ihre Vergangenheit, Raum und Zeit, die liebe
Kunst samt der nicht ganz so geliebten Kritik der Kunst, das muß
sich anfühlen wie Gott-Sein. Mehr noch als ein Horror-Roman erscheint
mir "House of Leaves" deshalb ein Künstlerroman. Das Buch ist eine Sensation, durch die Verschachtelung der Stimmen,
aber auch typographisch zieht es eine mit in den Wahnsinn.
Die Zukunft hat begonnen und "Das Haus" ist ein Paradebeispiel
für den von Jeff Noon kurz nach dem Millennium eingeforderten
Post-Future-Roman. Nicht die Weigerung zu erzählen, sondern einen
Umgang wie bei einem DJ. Oder Cutter. (...) wahrscheinlich auch der kühnste Roman dieses Herbstes. Schön, daß dieses erzphantastische, sprachlich vielstimmig-brilliante
Buch von der exquisiten Übersetzerin Christa Schuenke ins Deutsche
übertragen wurde. Immerhin hat diese Meisterin schon solche respektablen
Klassiker wie John Donne, Jonathan Swift und Herman Melville und moderne
Edelfedern wie John Bannville und Robert McLiam Wilson glänzend
übersetzt. Beim Lesen der Originalausgabe von "House of
Leaves" frug ich mich oft: "Wie kann man das wohl knackig
ins Deutsch wuppen?" Was für ein Buch! Ständig wartet es mit einer neuen Überraschung
auf und düpiert den Leser in seiner Erwartung: die eine Seite
ist geschwärzt, die andere marmoriert, es finden sich Fußnoten,
Kästen, Spalten, manchmal geht es lateinisch weiter, dann findet
sich unter der Kapitelüberschrift nichts außer einem weißen
Fleck - Unverschämtheit oder Rätsel. Anno 1760 war das skandalös,
Laurence Sternes "Tristram Shandy" erregte die Gemüter.
Denn hier war es: das Neue unter der Sonne, an das das 21. Jahrhundert
nicht mehr glaubt. Doch wie uns Mark Z. Danielewskis jetzt von Christa
Schuenke glänzend übersetzter Roman "Das Haus"
lehrt, braucht es das Niedagewesene nicht, um uns zu Sie werden, wenn hier nun gleich aus Mark Z. Danielewskis in jeder
Hinsicht außergewöhnlichem Roman "House of Leaves"
und aus der eigentlich unmöglichen, aber andererseits in allen
Details wie in der labyrinthischen Gesamtanlage vollkommen trittsicheren
und dem Urtext angemessenen Übersetzung, die Christa Schuenke
unter Mitarbeit von Olaf Schenk der deutschen Sprache abgerungen hat,
ein paar Wunder, Rätsel und seitwärts aus der Wirklichkeit
geschnittene Unfaßbarkeiten vorgelesen werden, nur zwei leiblich
gegenwärtige Stimmen hören. Das ist wirklich das absolute
Minimum, mit dem man dieses Buch zum Sprechen bringen muß. Dieses Buch ist immer noch ein Ereignis. Anders kann man es nicht
nennen, was der Amerikaner Mark Z. Danielewski, 41, auf knapp 900
Seiten in zehn Jahre langer Arbeit zusammengetragen hat. "Das
Haus" besticht als komplexer, rätselhafter Horrorroman,
bei dem der Autor zwischen zahlreichen Erzählebenen springt.
Hinzu kommen rund 450 Fußnoten, 130 Seiten Anhang, ein umfassender
Index, variierte Schrifttypen, Kästchen, Spiegelschrift, schwarze
Seiten, weiße Seiten. Kurz: Das Buch ist ein Monster. 2000 erschien
"House of Leaves" (Originaltitel) in den USA und wurde zum
Bestseller. Vor einigen Wochen veröffentlichte Klett-Cotta die
deutsche Fassung. Passend dazu bereist Danielewski jetzt Deutschland.
Arno Schmidts "Zettels Traum", Jacques Derridas "Glas"
und diverse andere Werke der Weltliteratur mehr, die das Buch zum
Objekt machen, den Text zu einem typographischen Universum ausbauen,
hätten ja eigentlich das nötige Zutrauen voraussetzen können,
auch dieses Monster zu bewältigen. Doch alles andere als das
ist der Fall mit Mark Z. Danielewskis Roman "Das Haus",
vor sieben Jahren als "House of Leaves" im amerikanischen
Original erschienen. Bei der Lektüre der fantastischen deutschen
Übersetzung durch Christa Schuenke ist die Herausforderung durch
verschiedene Schrifttypen, Spalten und Fußnoten, durch die grafische
Nutzbarmachung der Buchseite für die Erzählung, fast verschwunden. Last but not least: "Hut ab!" vor der Übersetzerin
Christa Schuenke die es vollbracht hat, Danielewskis meisterhaftes
Sprachspiel in deutscher Übertragung zum Klingen zu bringen. Im Grunde genommen ist das Buch an sich das Hauptobjekt und nicht
das beschriebene Haus. Der Leser wird demnach zum Hausbewohner und
die Fussnoten im Verlaufe der Geschichte öffnen ihm immer weitere
Räume. Der Autor brauchte immerhin zehn Jahre zum Schreiben von "House
Of Leaves", die (hervorragende) Übersetzung ins Deutsche
durch Christa Schünke dauerte dann nochmals sieben Jahre. Das
Ergebnis ist ein Buch, das sich vor den großen kanonischen Wälzern
beileibe nicht zu verstecken braucht. Im Gegenteil. In seiner Verschränkung
von (Pop-)Mythologien, bildungsbürgerlichen Exkursen und purer
Angst ein jetzt schon definitives Buch zum 21. Jahrhundert -- willkommen
in der "Twilight Zone"!
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